Vergesst alles, was ihr in der Bibel übers Paradies gelesen habt. Das richtige Paradies liegt hier:

Also genau hier:

Oder noch besser gesagt hier:

Aber der Reihe nach. Ich hatte ja geschrieben, dass wir aufgrund des Frühfluges von Port Vila nach Espiritu Santo schon um 4 (in Worten vier!!!) Uhr am Morgen aufstehen mussten. Und da wir nichts dem Zufall überlassen wollten und nicht davon ausgehen konnten, dass um diese Zeit schon Taxis herumfahren, liessen wir über unsere Chinesen vom Hotel ein Taxi für halb 5 am Morgen organisieren. Das machten die auch sofort – also nett sind sie ja.

Am andern Morgen um halb fünf standen auf der Strasse: 5 Rocchis, vier Koffer und 5 Rucksäcke – vom Taxi keine Spur. Auch nicht 5 Minuten später und erst recht nicht zehn Minuten später! Wir wurden langsam nervös. Das müssen auch unsere beiden Chinesen mitgekriegt haben, jedenfalls standen sie auch plötzlich noch auf der Strasse herum – sie hatten sich schon gedacht, dass das Taxi nicht kommt. Aha! Jedenfalls hühnerten unsere beiden nur im Nachthemd bekleideten, durchgefrorenen Chinesen die Strasse rauf und hatten nach einigen Minuten mehrere Taxis im Schlepptau, eines würde uns auf den Flughafen fahren.

Wir wollten dem Hotel ja eigentlich eine miese Bewertung machen, wegen dem ganzen Dreck und den Kakerlaken und so, aber das haben wir jetzt irgendwie nicht übers Herz gebracht. Ich muss immerzu an die beiden frierenden Chinesen denken – am Morgen um halb 5 vor unserem Hotel in Port Vila…

Und dann kamen wir in Luganville an, der zweitgrössten Stadt Vanuatus, gelegen auf der grössten Insel Vanuatus: Espiritu Santo. Von dort ging es mit dem Boot zum gegenüberligenden Paradies. Das Fleckchen heisst Aore Island und wir möchten hier eigentlich nie wieder weg. Marco ist schon ganz nervös und hat sich vorsorglich über die Grundstückspreise erkundigt. Nein! Kein Stress!!! Wir kommen wieder heim.  Aber die Insel ist wirklich zum Knuddeln. Wir haben hier ein kleines Häuschen gemietet, mit eigenem Strand und einem traumhaften Korallengarten. Wenn man so Schnorcheln kann, muss man nicht Tauchen. Kristallklares Wasser und lustige bunte Fische: sogar Leonardo ist begeistert und entdeckt jeden Tag eine neue Spezies.

Unser Korallengarten

Eine alte Bekannte ist auch wieder da:

Seekobra: immer noch SEHR giftig!

Ausserdem leben auf dem Grundstück zwei Buben, Adrian und Jojo, die gern Fussball spielen. Was muss ich noch sagen: vier Buben, ein Fussball – ohne Worte!

Manchmal spielt die Mimi auch noch mit

Die beiden Buben, Adrian und Jojo, sind 10 und 7 Jahre alt und haben in ihrem Leben noch nie mit Lego gespielt. Also zumindest bis zu dem Tag als wir dort auftauchten:

Kurz zur Insel Aore: Die Insel hat keine Stromversorgung. Jede Hütte hat aber ein Solarpanel, zum Teil unterstützt durch einen Stromgenerator. Das heisst in unserem Fall: Duschen, Waschen, Geräte laden im besten Fall solange die Sonne scheint. Nach Einbruch der Dunkelheit ist der Strom schnell weg und dann muss man einen stinkigen lauten Generator anwerfen. Wir haben uns schnell daran gewöhnt und duschen am Nachmittag.

Zum Einkaufen müssen wir jedesmal aufs Festland übersetzen. Es gibt keine Fähre, sondern man muss einem Bootsmann telefonieren und der kommt dann, kostet 10 CHF hin und zurück. Neulich haben wir noch einen kleinen Laden auf der Insel entdeckt. Da ist die Auswahl dann aber sehr eingeschränkt.

Zum Häuschen gehören auch noch Fahrräder, die man nutzen kann. Also fragten wir Akled, die Verwalterin des Grundstückes, ob wir mal die Fahrräder probieren können. Sofort zauberte sie aus einem Geräteschuppen abenteuerliche Mengen Velos hervor, sogar zwei Kindervelos! Wir überlegten grad noch, wie wir den Leonardo am besten auf eines der Fahrräder setzen könnten – ohne Kindersitz eine Herausforderung. Da meinte Akled, dass sie auch einen Fahrradanhänger hat. Na jetzt waren wir aber gespannt:

Unser Veloanhänger

Also, ganz ehrlich, Veloanhänger sehen in der Schweiz etwas anders aus, aber das würde schon irgendwie gehen. Marco fragte etwas ängstlich, ob denn da schon mal ein Kind drin mitgefahren wäre. „Nein! Natürlich nicht!“ meinte Akled – aber Erwachsene! Ihr Gesicht blieb todernst, offenbar machte sie keine Scherze. Also unser Leonardo passt knapp da rein, aber ein Erwachsener???

Leonardo hats lustig im Veloanhänger

Und wohin fahren wenn man unerwartet einen Fahrradausflug auf einer kleinen Insel machen kann? Viele Möglichkeiten gab’s nicht, also fuhren wir zur Schule von den beiden Buben Adrian und Jojo. Dort wurden wir von der Direktorin freundlichst empfangen. Wir durften sogar Adrian’s Klassenzimmer besichtigen. Es sieht ziemlich ähnlich aus wie bei uns in Ipsach. Es gibt 6 Klassen, immer zwei werden zusammen unterrichtet, daher hat auch jedes Klassenzimmer zwei Tafeln an der Wand jeweils vis a vis voneinander.

Die Primarschule von Aore Island

Auf meinen Wunsch haben sich dann auch noch alle zu einem Gruppenbild eingefunden:

Gruppenbild mit der Direktorin, unsere Kids und die 3. und 4. Klasse

Die Direktorin hat uns bereitwillig alles über die Schule erzählt, auch dass sie froh ist, wenn sie in 3 Jahren pensioniert wird. Sie ist jetzt 52…

Im Zimmer der Direktorin erregte dann noch eine Weltkarte unsere Aufmerksamkeit. Irgendwie sieht die anders aus als bei uns…

Hier ist Europa am anderen Ende der Welt…

Auf der Rückfahrt gab es mal wieder verdammt viel Gegenverkehr:

Was uns auf der Rückfahrt auch noch auffiel, waren diverse Tsunami-Schilder. Da steht detailliert drauf, was wir so alles machen müssen, falls ein Tsunami kommt. Wir sind leicht verunsichert.

Ziemlich viel Text…

Inselrundfahrt mit Tony

Weil man nicht den ganzen Tag nur Schnorcheln kann, haben wir beschlossen, eine Insel-Rundfahrt zu machen. Akled hatte uns das für überschaubares Budget angeboten und das fanden wir eigentlich eine tolle Idee. Da sehen wir mal noch die andere Seite der Insel. Tony, ein Angestellter des Grundstücks fuhr uns einen Tag lang mit dem Auto – ein 4×4 Pickup Truck, what else!!! – herum. Dabei haben wir viel über das Inselleben gelernt. Zum Beispiel, dass die Einheimischen nie ohne Harpune schnorcheln gehen und dass, wenn man mit dem Auto auf der Insel herumfährt, man jeden mitnimmt, der am Strassenrand gelaufen kommt. Vorausgesetzt, er will in die gleiche Richtung. Und da kam dann schon mal was zusammen.

Das wurden dann noch mehr…

Der erste Stopp war an einigen Bunkern aus dem 2. Weltkrieg. Also die Einheimischen nennen sie Bunker. Unser militärisch geschultes Auge erkannte sofort, dass es keine Bunker sind, sondern Munitionslager. Einer dieser „Bunker“ war abgeschlossen und Tony erklärte uns, dass das ganze Dorf während des letzten Zyklons – wir erinnern uns an die Titanic-Impressionen von Iririki Island – in diesem Bunker 3 Tage lang ausgeharrt hatte. Wir fragten, wieviele Leute denn da drin waren: jaaaa, so 20-30 Leute. Jesses nei, müffelmüffel…

„Bunker“ aus dem letzten Weltkrieg

Irgendwo in der Nähe fand Tony einige gelbe Früchte am Boden, die man offenbar essen kann. Schmeckten echt lecker.

Ominöse gelbe Frucht

Keine zehn Schritte weiter gabs schon wieder was zu essen: ein Kakaobaum mit lustigen rosaroten Früchten. Auf den Kernen kann man bisschen rumkätschen und den „Rest“ (das was wir zu Schoggi verarbeiten) spuckt man dann in den Urwald.

Lorenzo mit Kakao-Frucht
Auf der Suche nach Früchten

Und weiter gings. Vorher setzten wir irgendwo im Dschungel einen sehr alten „Mitfahrer“ von der Ladefläche ab. Mit einer kleinen Steinschleuder verschwand er im Urwald. Wir fragten Tony, was der denn vor hätte. Blöde Frage: der geht auf Vogeljagd, was sonst…

Jahrgang 1915

Irgendwann gelangten wir zu einer verlassenen Plantage. „White man“ hatte die Plantage irgendwann verlassen und das Einzige was in dem Farmhaus noch vorhanden war, war dieses Buch von 1915!

Marco und ich wir haben beide einen Grossvater mit diesem Jahrgang…

Anschliessend gingen wir sehr lange schnorcheln. Also „wir“ ist etwas übertrieben: der Einzige, der es stundenlang im Wasser aushielt, war Tony. Nachdem er dann endlich wieder aufgetaucht war, sahen wir auch, warum:

Tony mit „the catch of the day“…

Kava-Party in the Village

Auf der Heimfahrt schwärmte Tony von der lustigen Kava-Party, die heute Abend im Dorf stattfinden würde und ob Marco mitkommen möchte. Marco guckte mich hilfesuchend an, ich meinte: „ist doch cool, geh doch hin!“. Tony meinte aber, wir sollten doch alle kommen, die Frauen haben das Gesöff auch gern und die Dorfkinder haben sicher Freude. Ey super, das machen wir!

Am späten Nachmittag zottelten wir zum Dorf. Dort sassen einige Einheimische unter einem Verschlag und Schnätzelten eine Wurzel, die ähnlich wie Ingwer aussieht:

Die Kava-Wurzel wird geschnitten

Anschliessend wurden die Schnitze durch einen Fleischwolf gedreht – jetzt wissen wir endlich warum die Einheimischen überall so Fleischwölfe rumstehen haben, also fürs Fleisch offenbar nicht.

Wozu ein Fleischwolf gut sein kann…

Das Ganze wird dann mittels eines Damenrocks sorgfältig gesiebt:

Der Sud wird sorgfältig gesiebt

Das Ergebnis ist eine milchig-graue Flüssigkeit – Kava. Die Einheimischen lieben es. Offenbar hat es eine leicht berauschende Wirkung. Akled hatte mich noch gewarnt, ich solle nur ganz wenig probieren, immerhin müsse ich für die Kinder noch das Nachtessen kochen. Sie machte sich Sorgen. Ich hielt mich also eisern zurück…

Kommt ächt das gut?

Also um es kurz zu machen: wir tranken dann noch eine zweite Runde. Sorgen machten uns auch eigentlich mehr die hygienischen Bedingungen: es gab nur zwei Trinknäpfe – keine Ahnung ob die zwischendurch gewaschen wurden. Jedenfalls haben wir die Kava-Party tiptop überstanden – ohne Halluzinationen und Tout de suite.

Im Land der Kannibalen

Der Nonno hat ja unseren Kids vor der Reise immer erzählt, dass es hier im Bunga-Bunga-Land Menschenfresser gibt. Wir haben das immer für einen Witz gehalten und es der Akled erzählt. Akled fand den Witz gar nicht so lustig und meinte, dass ihr Vater früher tatsächlich Menschen gegessen hat. Die Dorfbewohner haben Kinder ins Gebüsch gelockt und dann getötet und gegessen. Wir waren entsetzt! Sie versicherte uns aber, dass ihr Vater nicht mehr lebt und dass das schon gaaaaaanz lang her ist. Marco meinte dann aber, dass das ja noch gar nicht soooooo lang her sein kann, wenn es ihr Vater war. Jaaaa, der ist 110 Jahre alt geworden und ausserdem war das auf der Insel Malekula gleich neben Aore. Aha, wir werden Malekula meiden…

Die Schule geht weiter

Der Schulunterricht wird tapfer durchgezogen, vor allem dann wenn das Wetter nicht so ganz fotogen ist. Da wir hier mitten im Dschungel sind, haben wir auf Naturkundeunterricht (Schweiz: NMG) umgestellt und sind ein wenig den Weg entlang gewandert und haben exotische Blätter gesucht.

NMG mit Brettwurzel

Jedes Kind durfte sich ein Blatt aussuchen und mitnehmen und dann haben wir es abgemalt. Die Ergebnisse können sich sehen lassen:

Unsere kulinarischen Highlights

Ich erzähl euch ja gern von unseren kulinarischen Abenteuern. Und bisher war das eher wenig erbaulich. Hier in Vanuatu hat sich das aber gegenüber Neukaledonien leicht gebessert. Nur an der der Vitaminfront sieht es verdammt düster aus. Marco predigt immer, dass man 7 Portionen Früchte und Gemüse pro Tag essen soll. Das ist schon in der Schweiz eine echte Herausforderung. Aber hier in der Südsee ist das eigenartigerweise gar nicht umsetzbar. Die einzigen Früchte, die wir in der Stadt kaufen konnten, waren Äpfel, das einzige Gemüse Brokkoli (höchstwahrscheinlich Importware aus Europa, hehehe!). Wir haben da noch Glück im Unglück, weil das alles Dinge sind, die unsere Kinder mehr oder weniger gern essen. Aber etwas mysteriös ist das schon, dass wir hier im Tropenparadies sind, wo die ganzen leckeren Früchte an jeder Ecke wachsen sollten.

Aber jetzt haben wir es langsam kapiert. Die leckeren Südfrüchte gibt’s nicht im Supermarkt, weil die alle irgendwo im Dschungel wachsen. Und die Äpfel sind etwas Exotisches, falls es den Einheimischen mal zu langweilig wird.

Und da haben wir uns heute aufgemacht, um im Dschungel Früchte zu suchen. Kann ja nicht so schwierig sein. Dachten wir.

Wir kamen genau 3 Meter weit dann holte uns ohrenbetäubendes Geschrei zurück in die Realität: Leonardo war von einer Ameise in den Fuss gebissen worden! Ist ja auch eine saublöde Idee, mit kurzen Hosen und Sandalen in den Dschungel zu gehen. Also nächster Versuch, diesmal mit langen Hosen und Wanderschuhen. Aber auch da kamen wir nicht weit. Nach zehn Schritten standen wir vor einer unüberwindbaren Blätterwand. Selbst mit einer Machete wären wir in einer Stunde höchstens 20 Meter weit gekommen.

Wir gaben auf und gingen mit den Fahrrädern zum Miniladen auf der Insel. Vielleicht gabs ja dort Früchte. Aber ausser Knoblauch gab es da nichts Frisches. Doch dann tat sich plötzlich auf der Rückfahrt ein kulinarischer Lichtblick auf, und zwar in Gestalt eines Papaya-Bäumchens, welches sich unter der Last seiner Früchte verführerisch aus dem Urwald lehnte. Ich machte mich ganz lang, um eine der leckeren Früchte zu erreichen und es musste auch ganz schnell gehen, weil hinter uns ein paar Schulkinder die Piste entlang kamen. Und seit der gestrigen Kava-Party hat sich unser Bekanntheitsgrad auf der Insel massiv gesteigert. Also so ganz illegal war das ja nicht: Tony hatte uns erklärt, dass die Früchte im Dschungel jedem gehören… Also auch uns!

Frisch vom Baum!

Ein weiteres kulinarisches Highlight habe ich neulich bei einem Landgang in Luganville entdeckt: einen echten Parmesan! Ich suche ja schon seit 6 Wochen verzweifelt nach Parmesan. Aber ausser Cheddar und australischem Emmentaler habe ich bisher nichts gefunden. Und das tu ich nicht an meine Spaghetti, brrrr!!!

Und damit möchte ich diesen Blogbeitag beenden. Ich hoffe ihr denkt an uns wenn ihr das nächste Mal in der Migros oder im Netto einkaufen geht und geniesst euren Einkauf umso mehr!

Wir müssen übrigens nächsten Dienstag unser Paradies verlassen. Die australischen Besitzer kommen auf Urlaub und wollen den Bungalow selber nutzen. So sieht die Vertreibung aus dem Paradies aus! Und wir haben noch keine Ahnung, wohin es uns treibt…

Bis später!

Zugang zum Korallengarten