(Frei nach Gabriel Garcia Marquez)

Ich geb es zu: wir haben das Virus unterschätzt. Wir hätten nicht gedacht, dass es überhaupt einen Einfluss auf unsere Reise haben könnte, und selbst wenn: dann sicher nicht so massiv. Was waren wir naiv!

Dass wir mehr oder weniger die einzigen Touristen in Samoa sind, haben wir fälschlicherweise als Vorteil gewertet und nun landen wir langsam auf dem Boden der Realität: keine Touristen = Hotels geschlossen. Das ist die nüchterne Bilanz. Und um dem noch eins draufzusetzen: Die Sehenswürdigkeiten sind natürlich auch alle geschlossen, zumindest die, die sich abschließen lassen. Bei einem Wasserfall ist das eher schwierig, da kann man nicht einfach das Wasser abstellen.

Und als wäre das nicht alles schon mühsam genug, hat die Samoanische Regierung seit dem 22. März den Ausnahmezustand verhängt. Dieser beinhaltet zahlreiche Einschränkungen des öffentlichen Lebens sowie die Schließung des Flughafens und der öffentlichen Verkehrsmittel einschliesslich des Fährbetriebes zur Nachbarinsel Savaii. Na prima. Und jetzt wollt ihr sicher wissen, wie die Corona-Statistik in Samoa aussieht. Also man könnte ja jetzt durchaus dem Verdacht anheim fallen, Corona würde hier brutal grassieren. Aber nichts dergleichen. Wir verfolgen tagtäglich die publizierten Daten zur Viruskrise und das sieht – frei übersetzt – so aus:

  • Anzahl Verdachtsfälle: 0
  • Anzahl bestätigte Fälle: 0
  • Anzahl Tote: 0

Ich würde noch folgende Kennziffer hinzufügen: Anzahl Panikmacher und chronische Angsthasen: 200.000 (das ist grob gerundet die Einwohnerzahl Samoa‘s).

Aber das Mühsamste an der ganzen Situation ist dummerweise unser Hotel selbst. Ihr erinnert euch sicher an das schicke Häuschen am Sa’Moanas Beach. Das Management hat mitgekriegt dass wohl nächstens keine Touristen mehr kommen werden und beschlossen, per sofort zu schliessen. Blöderweise hockt da noch im einten Bungalow so eine lästige Familie aus der Schweiz und die wollen partout nicht das Hotel und schon gar nicht das Land verlassen!

Und da haben die sich hier echt was einfallen lassen. Als erstes wurde der Swimmingpool ausser Betrieb genommen, dann wurden sämtliche Strandmöbel entfernt. Anschliessend musste das Restaurant schliessen und damit wurden auch dort sämtliche Möbel entfernt. Wir hocken jetzt auf Plaststühlen und der einzige Tisch den sie uns gelassen haben war diese Flachversion:

Unser einziger Tisch – oder wie soll man das Ding nennen?

Darauf müssen meine armen Kinder jetzt Homeschooling machen!!! Und essen müssen wir auch da dran. Alle haben Rückenschmerzen…

Aber das Beste kommt erst noch: letzten Dienstag ging der allerletzte Flug aus Samoa raus, Destination Auckland in Neuseeland. Ich schob etwas die Panik, dass irgendeine Behörde hier auf die Idee kommen könnte, sämtliche Touristen in diesen Flieger zu quetschen und auszuweisen. Also machten wir uns vorsorglich vom Acker und besichtigten diesen tollen Küstenabschnitt der Hauptinsel Upolu:

Die Südküste der Hauptinsel Upolu

Der letzte Flug sollte um 15:30 abfliegen. Pünktlich um 16:00 waren wir wieder in unserem Hotel. Wo auch schon eine völlig aufgelöste Angestellte auf uns wartete und uns eröffnete, dass wir sofort auschecken müssen und uns zum Flughafen begeben sollen. Häää? Was hat die denn geraucht?

Also ich muss dazu sagen dass wir grad am Tag zuvor für eine weitere Woche hier gebucht und auch bezahlt hatten. Und ausserdem ist ja der letzte Flug eh schon weg und was sollen wir denn da auf dem Flughafen? So spannend ist das dort auch nicht. Also okay, aber morgen früh um 6 Uhr müssen wir hier raus sein. Die Regierung lässt sämtliche Hotels schliessen und weist alle Ausländer aus.

Wir kochten erstmal Kaffee:

Ruhig Blut…

Und dann hatte Marco die alles rettende Idee: er ging rüber zu einem Weissen, den wir mal von weitem gesehen hatten, Brent. Brent lebt hier seiner samoanischen Frau. Mal schauen was der zu dem Theater sagt. Und Brent hat sich halbtot gelacht. Und als er damit fertig war, hat er kurzerhand bei der Touristenbehörde angerufen und gefragt was da los ist. Und da war natürlich gar nichts los, aber Moment mal: in welchem Hotel sind die Touristen noch mal? Sa‘Moana Beach Bungalows??? Moment mal, da hat doch gestern erst der Besitzer hier angerufen und gefragt ob das okay sei dass bei ihm noch 5 Nasen im Hotel hocken. Und klar, das ist oberokay! Also um es mal kurz zusammzufassen: der Hotelbesitzer hatte am Vortag extra bei der Tourismusbehörde angerufen wegen uns, und einen Tag später kommt er daher und tischt uns diese Lügengeschichte auf! Wir fanden das unverschämt.

Aber jetzt kommts: in der Nacht um 10 – die Koffer waren schon gepackt – klopft es bei uns an den Bungalow: Marco, ich und die Machete gingen schauen was los ist. Wieder unsere aufgeregte Angestellte, diesmal noch aufgeregter: es ist alles okay, wir können bleiben, das war alles ein Missverständnis. Hääää? Kneif mich mal einer, ich checks grad nich…

Aber wenn man mal eine Nacht drüber geschlafen hat, ist plötzlich sonnenklar was passiert ist. Der Typ im Tourismusbüro ist wahrscheinlich nicht ganz blöd und viel zu tun hat er da auch grad nicht. Und da muss ihm das irgendwie komisch vorgekommen sein, dass er zwei Anrufe wegen 5 Schweizer Touristen kriegt. Und da hat er eins und eins zusammengezählt. Und als er damit fertig war, da hat er wahrscheinlich unseren Hotelbesitzer angerufen und gefragt, was der Scheiss soll. Und der Besitzer konnte ihm da wohl grad nicht so eine klare Antwort drauf geben und hat dann beschlossen, die Sache rückgängig zu machen. Und da hat er seine Angestellte nachts um 10 aus dem Bett gescheucht und die 15 Kilometer hinter zu unserem Hotel geschickt. Und da stand sie nun, kurz vorm Herzinfarkt.

Aber schon einen Tag später gab es die nächste Story: wieder stand eine aufgeregte Angestellte bei uns vor der Hütte. Das Schweizer Konsulat in Apia sucht uns. Diesmal lachten wir uns halbtot. Jeden Schmarren glauben wir jetzt nicht mehr. Und ausserdem stehen wir in Kontakt mit der Schweizer Botschaft in Neuseeland und mit dem EDA in Bern. Die wissen dass wir hier sind und dass wir auch im Moment nicht ausreisen wollen.

Aber am nächsten Tag stand die arme Frau schon wieder bei uns vor der Hütte. Das Konsulat hat schon wieder angerufen. Diesmal gab sie uns einen Zettel mit Namen und Telefonnummer. Marco klapperte etwas auf dem Laptop und meinte überrascht, dass es tatsächlich hier in Apia ein Schweizer Konsulat gibt und die besagte Sylvie dort wirklich als Kontakt erwähnt ist. Okay, um es kurz zu machen. Sylvie wollte nur wissen ob es uns gut geht und ob wir Hilfe brauchen. Nö, alles paletti. Uns gehts gut und helfen kann uns eh keiner mehr.

Also nach der ganzen Aufregung fühlten wir uns hier nicht mehr willkommen. Eine Alternative muss her. Und da die Buchungsportale im Moment unbrauchbar sind, weil nicht klar ist, ob die Hotels überhaupt offen sind, beschlossen wir, einen Roadtrip über die Insel zu machen und die infrage kommenden Hotels direkt anzuschauen.

Und als erstes kamen wir zum Sheraton am Flughafen. Also das war jetzt nicht grad unser top Favorit – besonders wegen der Preise nicht – aber es lag grad so praktisch auf dem Weg. Und als erstes liefen uns dort alte Bekannte über den Weg. Also ob ihr es glaubt oder nicht, aber von den elf Gästen des Hotels kannten wir genau acht. Und zwar waren das die ehemaligen Gäste aus unseren Sa‘Moanas Beach Bungalows, die dann alle fluchtartig das Land verlassen wollten. Und die hockten jetzt völlig verzweifelt hier im Sheraton und beobachteten entgeistert, wie sie jeden Tag ein bisschen ärmer wurden, weil das Hotel hier ist nicht ganz gratis. Die Stimmung im Hotel war surreal: alle waren irgendwie begeistert über unser unverhofftes Auftauchen hier, auch wenn wir Ihnen natürlich nicht helfen konnten. Aber es war wie ein Familientreffen.

Kurz zum Hintergrund der Geschichte: die Touristen waren alle aus Europa (Deutschland, Holland, Norwegen und Finnland) und denen wurde die Ausreise mit dem allerletzten Flieger nach Neuseeland verwehrt, weil sie keine neuseeländischen Staatsbürger sind. Jaaaa, liebe Leute: der wahre Charakter zeigt sich in Krisenzeiten und das gilt auch für ganze Länder. Neuseeland will sich keine ausländischen Reisenden aufhalsen und da müssen die halt in Samoa bleiben. Der letzte Flieger nach Auckland ist dann wohl halbleer mit einer Handvoll neuseeländischer Staatsbürger nach Neuseeland geflogen, obwohl die Europäer bestätigte und bezahlte Flugtickets hatten.

Übrigens sind uns bei dieser ganzen Aufregung hier zwei Sachen klargeworden:

  1. wir haben keine Lust, im März in die eiskalte Schweiz zurückzukehren und
  2. Unsere Kids haben ebenfalls keine Lust, in die Schweiz zurückzukehren.

Zum letzten Punkt muss ich vielleicht noch einige Ausführungen machen. Wir haben als Andrea & Marco irgendwann mal den Entschluss gefasst, ein Jahr in die Südsee zu gehen und unsere armen Kinder müssen da jetzt halt mit, ob sie wollen oder nicht. Und wir haben die Kurzen dann schon immer mal gefragt, wie sie denn den Trip hier so finden. Und da kamen dann immer wenig erbauliche Antworten, so in dem Stil: „Ooch, ich wär lieber bei den Grosseltern geblieben“, oder „Mir fehlen meine Schulkollegen“ und das gipfelte dann in so provokanten Fragen wie: “Wann fliegen wir endlich zurück in die Schweiz???“. Wir haben uns schon echt Gedanken gemacht, was wir den Kids hier zumuten und ob das denn richtig sei, diesen Egotrip durchzuziehen. Und dann kam die Situation als es hiess: wir müssen aus Samoa raus und zurück in die Schweiz. Und – das glaubt Ihr jetzt wahrscheinlich wieder mal nicht, und genaugenommen haben wir uns da auch sehr gewundert: die Kidz haben ungefragt überlegt, welche Möglichkeiten es gibt, ohne in die Schweiz zurückzukehren. Wir gehen noch mal nach Vanuatu. Oder nach Thailand! Oder ins Flughafenhotel nach Fiji, da hat’s eine tolle Wasserrutsche! Aber keiner der drei fand die Aussicht toll, in einigen Tagen daheim in der Schweiz zu hocken. Wir waren ehrlich überrascht…

Also konnten wir mit ruhigem Gewissen weitermachen. Und das taten wir auch gleich und guckten uns einige Wasserfälle an:

Sopoaga Wasserfall
Noch mal mit der Mimi als Grössenvergleich

Und ein paar Kilometer weiter gab’s grad den nächsten Wasserfall:

Fuipisia Wasserfall

Auf den Fuipisia Wasserfall konnten wir sogar raufgehen und oben ein erfrischendes Bad nehmen. Oder man konnte sich auch oben auf die Kante vom Wasserfall legen und mal die Gopro bisschen über die Kante baumeln lassen. Was dann zu folgendem halsbrecherischen Foto führte:

Fuipisia Wasserfall von oben

Robert Louis Stevenson

Einen Tag verbrachten wir bei Robert Louis Stevenson. Der Schriftsteller hatte seine letzten vier Lebensjahre hier in Samoa verbracht. Ein lebenslanges Lungenleiden zwang ihn, seine Heimat Schottland zu verlassen und hier in Samoa erhoffte er sich klimatisch bedingte Besserung. Die Besserung trat dann wohl nicht so wie erhofft ein, denn vier Jahre später starb er hier in Samoa mit 44 Jahren.

Die Samoaner haben ihn zum Glück nicht vergessen und aus seiner Villa (Villa Vailima) ein liebevolles Museum gemacht. Das sogenannte RLS-Museum ist eines der Highlights von Samoa und unterliegt natürlich auch dem momentanen Ausnahmezustand. Soll heissen: es ist geschlossen. Aber ich bin hartnäckig und habe einfach mal per Mail dort angefragt, ob da nicht was geht. Und tatsächlich: weil wir nur 5 Personen sind, kann die Museumswärterin uns reinlassen. Wir mussten uns durch den Hintereingang hereinschleichen und da stand auch schon Margaret, die Museumswärterin und empfing uns mit einem freundlichen „Guten Tag“. Na hoppla. Auf Deutsch??? Margaret hatte einen Grossvater in Berlin und na so ein Zufall: da hatten wir ja grad eine Gemeinsamkeit – mein eigener Grossvater war auch aus Berlin! Wie sich die Wege so kreuzen.

Villa Vailima, die letzte Wohnstätte von Robert Louis Stevenson
„Stellt euch mal in einer Reihe da auf!“

Das Museum selbst ist sehr interessant und sogar unsere Kids hatten grosse Freude: es gab eine Bibliothek, wo man frei drin stöbern konnte:

Die Bibliothek
Auch deutsche Bücher waren dabei

In einer Vitrine – also nicht zum drin herumblättern – lag die Erstausgabe der Schatzinsel, ein Geschenk der Queen zur Eröffnung des Museums:

Die Erstausgabe der Schatzinsel

Aber ganz besonders begeistert waren unsere Kids vom Museumskater:

Museumskater – Passt optisch gut zum Inventar
Muss gestreichelt werden

Allerdings ging das mit dem Streicheln immer nicht sehr lang gut. Denn plötzlich, ich traute meinen Augen kaum:

Fass!
Glück gehabt: Arm noch dran

Lorenzo hat dann auch noch etwas Spannendes gefunden: Stevensons altes Klavier, oder das seiner Frau:

Müsste mal wieder gestimmt werden…

Aber das Highlight – zumindest für die Männer – war dieser massive Tresorschrank:

Vertrauen ist gut – Tresor ist besser!

Anschliessend gingen wir noch zum Grab von Robert Louis Stevenson. Dieses liegt malerisch auf einem Hügel, mit Blick auf die Bucht von Apia:

Das Grab von Robert Louis Stevenson

Coastal Walk

Da wie gesagt die meisten Sehenswürdigkeiten momentan geschlossen sind, bleiben uns vor allem so Natursachen. Wie zum Beispiel dieser schöne Coastal Walk an der Südküste Upolus:

Vor 3.000 Jahren gab es hier mal einen ganz üblen Vulkanausbruch, die Lava floss in Strömen ins Meer und erkaltete dort. Durch die Brandung haben sich im Laufe der Zeit diese Naturbrücken gebildet, die äusserst fotogen sind – vor allem mit uns vorn drauf.

Hier floss Lava ins Meer

Auch ein ganzes Lavafeld gab es zu bestaunen:

Lavaplatte

Noch schöner mit uns drauf:

Rocchis auf Lavaplatte

Und unsere lustigen Blowholes gab es auch wieder:

Blowhole mit Wasserfontäne
Erdbeben gab’s auch in den letzten 3.000 Jahren

Und vis-a-vis vom Coastal Walk, ein bisschen in den Wald hinein, gab’s schon die nächste Sehenswürdigkeit: Ma Tree. Wir hatten keine Ahnung, was uns da genau erwartete und gingen einfach mal den Wegweisern nach. Bis plötzlich ein unscheinbarer Baum mit gewaltigen Brettwurzeln auftauchte:

Ma Tree
Innen wie ein Labyrinth
In den Brettwurzeln

Poolspringen

Ich hatte euch ja schon erzählt, dass uns die Unterkunft den Swimmingpool abgestellt hatte. Also die haben da einfach das Wasser rausgelassen, was wir gar nicht toll fanden. Aber zum Glück gab’s bei uns am Strand in den Lavafelsen diesen natürlichen Pool:

Unser Wasserloch!

Und der Naturpool war sogar noch besser: man konnte dort nämlich hineinspringen:

Bei drei springen wir!
Nur fliegen ist schöner
Boah, was ist denn da hinter meinem Rücken los?
Und plumps!
Macht mal den Toten Mann!

Ein ganz komischer Tag

Und dann kam dieser denkwürdige Tag, an dem irgendwie alles schiefzugehen schien. Und der Ärger fing schon am Morgen an. Wir wollten aus dem Sa‘Moana auschecken und ich dachte mir schon, dass es wegen der Schlussrechnung noch Zoff geben würde. Und ich wurde da auch gar nicht enttäuscht: statt uns mit den Koffern zu helfen, kam eine Angestellte daher und meinte, wir müssten noch eine Nacht länger bezahlen und sie habe deswegen grad die Managerin am Telefon, die will mit mir reden. Aber irgendwie hatte Vodafone ein Erbarmen mit mir: die Verbindung wurde unterbrochen und liess sich auch nicht mehr herstellen. Na so ein Pech aber auch…

Also fuhren wir vom Acker und wollten noch schnell das Giant Clam Reserve besichtigen, ein Schutzgebiet für die gefährdeten Riesenmuscheln. Das lag grad so verführerisch am Weg und wir mussten noch bisschen Zeit totschlagen. Wir schnorchelten dort etwa eine Stunde in der Bucht herum:

Reservat für Riesenmuscheln
Gleich macht’s „Schnapp!“

Irgendwann meinte Marco, wir sollten langsam losfahren. Und da sah ich ihn plötzlich total bleich werden und er meinte mit fassungslosem Entsetzen, dass er den Autoschlüssel hier irgendwo im Meer verloren hätte. Ich wollte das bisschen genauer wissen und da erklärte er mir, dass er den Schlüssel in seiner Badehose verknotet hatte und der Knoten hatte sich gelöst und der Schlüssel war weg! Schei…!!!!!!

Und ausgerechnet Marco hatte den Schlüssel verloren. Er, der immer mega weit rausschwimmt um zu schauen was es links und rechts und weiter draussen noch so alles gibt. Also um es kurz zu machen: die Wahrscheinlichkeit, in dieser riesigen Bucht einen kleinen Autoschlüssel wiederzufinden lag bei Null. Das war die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen:

Bucht mit den Riesenmuscheln – irgendwo da draussen ist der Autoschlüssel

Zu allem Überfluss hatten wir nur unsere Schwimmkleider und und sonst nichts. Kein Telefon, kein Geld, kein Trinwasser. Alles, wirklich alles war im Auto eingeschlossen. Es war zum Verzweifeln. Aber was soll’s, einen Versuch war es wert, fand ich zumindest und begab mich auf die Suche. Was die Suche übrigens massiv erschwerte, war die Tatsache, dass wir hier keinen schönen weissen Meeressandboden hatten, sondern das sah eher so aus:

Wie findet man da einen Autoschlüssel???

Also das sind abgestorbene Korallen, die mit schlabberigen Algen zugewachsen sind. Wenn hier ein Schlüssel zu Boden fällt, sinkt der sofort ein und ist für alle Zeiten verloren.

Das war auch Marco schnell klar und so ging er ins Dorf und suchte dort jemanden mit Telefon. Und rief die Autovermietung an, damit die jemanden schicken sollten, der uns einen Ersatzschlüssel bringt, 1h Fahrt oneway!

Währenddessen schnorchelte ich ziel- und planlos in der Bucht herum und dachte an nichts Spezielles, als ich rechts neben mir einen Autoschlüssel sah! Und ich dachte noch so, das müsse doch fast unserer sein, als mir dämmerte, dass mir etwas Unglaubliches gelungen war: ich hatte in dieser riesigen Bucht auf diesem schlabberigen Algenboden doch tatsächlich unseren Autoschlüssel gefunden! Ich tauchte runter und kriegte den Schlüssel zu fassen und machte anschliessend das wohl grösste Geschrei meines Lebens. Die Kids stimmten sofort mit ein und das muss dann sogar der Marco im Dorf beim Telefonieren gehört haben. Jedenfalls kam der daher gerannt und tanzte am Strand hin und her. Wirklich! Er tanzte!!! Warum ich das nicht gefilmt habe, ich hatte ja die Gopro in der Hand… Naja, die besten Filme sind immer die, die man nicht gemacht hat 🤣

Aber damit war dieser komische Tag noch nicht zu Ende. Wir mussten ja noch zum Sheraton am Flughafen, unserer nächsten Unterkunft. Und da wollten wir vorher am Flughafen noch Geld abheben. Der Flughafen ist zwar seit einer Woche geschlossen, aber vielleicht gehen ja die Bankomaten noch.

Der internationale Flughafen Samoa’s – seit einer Woche geschlossen

Jetzt weiss ich nicht wie es bei euch ist, aber ich war in meinem Leben noch nie auf einem geschlossenen Flughafen gewesen. Und da schlich ich mit meiner Kamera herum und fing ein wenig die gespenstische Atmosphäre ein:

…als ich plötzlich Marco laut und wüst fluchen hörte. Ich rannte sofort herbei um zu schauen was jetzt wieder los ist. Und da war folgendes los: der Bankomat hatte einen schlechten Tag und beschlossen, unsere Kreditkarte kommentarlos einzuziehen. Und nun standen wir hier vor dem Automaten und schauten ihn wütend an. Während der Automat uns freundlich bat, doch bitte die Karte in den Schlitz zu tun. Also genau die Geldkarte, die er gerade gefressenen hatte. Das war jetzt aber wirklich unverschämt.

Der gefrässige Bankomat

Aber es kam noch besser: neben dem Automaten hing eine sogenannte Servicenummer, die man bei Problemen kontaktieren sollte. Und – das glaubt ihr jetzt wahrscheinlich nicht – aber unter der Nummer war kein Anschluss.

Marco versucht, die ANZ-Bank zu erreichen

Marcos Gefluch steigerte sich ins Fortissimo, mit bisschen Staccato unterlegt. Bei dem Geschrei war sogar der Security wachgeworden und kam neugierig dahergeschlurft. Was denn hier los sei? Ah, Karte weg, na kein Problem. Wir sollten einfach hier diese Servicenummer anrufen. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Marco puterrot anlief. Er schiss den armen Security zusammen, dass er ja nicht gehirnamputiert sei und schon selber auf diese Idee gekommen war aber die Fucking Number nicht funktioniert. Der Security machte sich ganz klein und entfernte sich unauffällig.

In der Zwischenzeit versuchte Marco die Bank in Apia direkt anzurufen. Das gelang ihm auch irgendwie. Jedenfalls hatte er wohl den zuständigen Banker grad geweckt, so am Nachmittag um 2, wenn um 4 schon Feierabend ist. Also bloss kein Stress 😎. Aber immerhin versprach er, am anderen Morgen den Marco anzurufen, wenn er am Flughafen ist und dann kann er den gefrässigen Automaten öffnen. Und das klappte dann auch tatsächlich. Marco kriegte am Morgen um 9 Uhr den versprochenen Anruf und fuhr rüber zum Flughafen. Und stand 30 Minuten später wieder im Sheraton – ohne Kreditkarte. Häää?

Also falls ihr das diesmal nicht glaubt, kann ich es euch wirklich nicht verübeln. Weil das ist jetzt wirklich eine Verkettung von unmöglichen Zufällen. Denn ob ihr es glaubt oder nicht, beim Versuch, den Geldautomaten zu öffnen, ist dem ANZ-Mann der Schlüssel abgebrochen, und der eine Teil vom Schlüssel steckt nun im Schloss und den anderen Teil hat er wohl weggeworfen, oder so. Mit Hilfe einer Schere und einem Nagel, und später noch mit unserer Machete, gelang es nicht, das Schloss zu öffnen.

Da muss der Chef ran!

Also sind die drei Banker zurück in die Stadt gefahren, um dort einen Handwerker und den Ersatzschlüssel zu organisieren. Und – ob ihr es glaubt oder nicht: nach zwei Stunden stand der Banker bei uns im Sheraton und nun hat Marco seine Kreditkarte wieder und wir können hier sogar das Zimmer bezahlen, was Marco dann auch sofort tat.

Sheraton

Apropos Sheraton: Ich hatte ja gesagt, dass das eigentlich nicht so unser Budget ist. Aber das Sheraton ist im weiten Umkreis das einzige offene Hotel und da blieb uns nichts weiter übrig. Allerdings hatten wir ohnehin vor, hier für einige Nächte vor Anker zu gehen, weil dieses Sheraton wohl das einzige auf der ganzen Welt ist, welches wir uns irgendwie leisten können, zumindest mal so für 1-2 Nächte.

Und da kamen wir hier an mit unserem ganzen Gepäck und fragten nach einem Zimmer, wo wir alle reinpassen. Der Rezeptionist hatte sofort Verständnis für unsere Situation und meinte, er kann uns ein Uprade machen für die 2-Zimmer-Deluxe-Suite mit eigenem Whirlpool, und weil Ausnahmezustand ist gibt’s das Zimmer ausnahmsweise für 215 Tala – das sind 75 Franken! Ach ja, das reichhaltige Frühstück ist natürlich auch dabei. Ich konnte unser Glück noch gar nicht ganz fassen – damit wäre das Sheraton klar im unteren Schnitt unserer bisherigen Übernachtungskosten!

Plötzlich fiel mir auf, dass Marco und der Rezeptionist auf Italienisch gewechselt hatten. Wie jetzt? Marco erklärte dann, wenn einer Emanuele Secondo heisst, dann kann er höchstwahrscheinlich Italienisch. Also das passte irgendwie auf der ganzen Linie. Zumal Signore Secondo einen siebenjährigen Sohn hat, der auch noch hier auf dem Anwesen herumwuselt. Und hier noch einige Impressionen vom Sheraton:

Unser Sheraton
Riesiges Hotel – fast für uns alleine
Das Schulzimmer – endlich mal wieder ein richtiger Tisch!
Unser Pool
Lorenzo hat einen Käfer aus dem Pool gerettet

Übrigens liegt das Sheraton direkt an der Landepiste des internationalen Flughafens. Also falls in den nächsten Wochen/Monaten doch mal ein Flugzeug starten oder landen sollte, dann sind wir die Ersten, die es mitkriegen.

Und die Coronakrise?

Wir versuchen sie zu verdrängen, was nur so halb klappt. Ab und zu kommt mal ein Anruf von unserer konsularischen Vertretung, ob alles okay sei. Und ansonsten beobachten wir die Lage vor Ort und in der Welt. Und wir hoffen natürlich sehr, dass der Spuk irgendwann mal vorbei sein wird. In der Zwischenzeit stornieren wir sämtliche Buchungen für unsere letzten beiden Destinationen: Tahiti und die Cook Inseln. Es ist jetzt schon absehbar, dass wir diese beiden Reiseziele nicht mehr schaffen werden. Schon jetzt informieren uns Hotels die wir gebucht hatten, dass sie mindestens bis Oktober 2020 geschlossen sein werden.

Die Kids finden das alles gar nicht schlimm: sie wollen eh lieber noch mal nach Vanuatu, oder nach Nananu-i-ra auf Fiji, oder nach Neukaledonien – aber nur wenn es dort warm ist.

So, und zum Abschluss hab ich heut noch was Besonderes für euch. Neeeeiiiiin, kein kitschiges Sonnenuntergangsbild und auch kein Witzli. Nein, heut gibts von mir eine Buchempfehlung: „Hedigers letzter Tag“ von Adrian Stürm.

Ich lese „Hedigers letzter Tag“

Alle Schweizer haben es sicher längst bemerkt: Hediger ist ein Schweizer Name. Und das Buch – wir haben es in Tonga im Sandy Beach Resort gefunden – ist tatsächlich aus der Schweiz. Geschrieben hat es ein gewisser Adrian Stürm und der hat – Zufälle gibt es – mit Marco in St. Gallen studiert.

Also für alle, denen zuhause die Decke auf den Kopf fällt vor lauter Social Distancing: das Buch hat es in sich. Marco und ich haben es verschlungen.

Und damit verabschiede ich mich von euch. Alles Gute daheim beim Homeschooling und Homefitness oder was es sonst noch alles zu tun gibt. Bleibt einfach zuhause und bleibt vor allem gesund!

Und Tschüss…