Echt jetzt! Wir haben ein Flugticket von Samoa bis nach Zürich und fragt uns besser nicht, wie wir das geschafft haben! Es war ein Krampf! Es hat Nerven gekostet. Teuer war es auch, viel teurer als unser Flug nach Neukaledonien vor einem Jahr! Und jetzt steigen wir tatsächlich am Freitag, 31. Juli in Apia in ein Flugzeug und dann fliegen wir via Neuseeland, Los Angeles und London nach Zürich, wo wir planmäßig am 1. August nachts ankommen sollten. Falls alles gut geht. Und falls wir nirgends in Quarantäne müssen. Und falls wir überall eine Transitgenehmigung bekommen. Und falls wir nicht zwischendurch einen Anschlussflug verpassen. Ganz viele „Falls“.

Wenigstens unsere Botschaft in Wellington hat grünes Licht von der neuseeländischen Einwanderungsbehörde: „The Swiss nationals are able to transit NZ with a transit ETA for NZ and subject to meeting entry requirements for USA.“ Das klingt doch schon mal vielversprechend…

Die letzten Tage im Sheraton

Unsere letzten Tage in Samoa wollten wir im Sheraton verbringen. Die Kinder lieben es und es liegt so gäbig neben dem Flughafen. Und als Bonus hatten wir das riesige Resort ganz für uns alleine.

Sheraton ganz für uns alleine
Schulzimmer in der Hotellobby

Ausser uns sind nur noch der Manager und seine Frau da, sowie der Besitzer der hauseigenen Tauchbasis. Und die langweilen sich alle grausam.

Wir hingegen hatten keine Langeweile. Direkt neben dem Sheraton lebt ein Schweizer Ehepaar: Françoise und Urs. Françoise hatten wir schon früher im Sheraton kennen gelernt. Urs hingegen kannten wir noch nicht. Und das lag daran, dass er nach einer Reise aus der Schweiz genau in den Corona Lockdown geraten war und zwei Monate in Neuseeland festsass weil ihn Samoa nicht einreisen lassen wollte. Er hockte dann dort in Auckland zwei Monate lang allein in einem kleinen Hotel, was ihm zum Glück nicht weiter geschadet hat. Er erwies sich nämlich als äußerst interessanter und unterhaltsamer Gesprächspartner. Wir verbrachten mehrere Abende entweder bei ihnen im Haus oder bei uns im Sheraton und es wurde nie langweilig:

Bei Françoise und Urs

Urs malt auch gern:

Tiere haben sie auch:

Ganz kleine Kätzein!

Und Urs hatte auch endlich ein paar Antworten auf viele Fragen, auf die wir selber nach viereinhalb Monaten Samoa keine Antworten hatten. Zum Beispiel die ganzen Trans- und Homosexuellen Männer, da hatte ich euch ja im letzten Blogbeitrag was drüber erwähnt. Ja, ich weiss: das Thema ist heikel. Aber dieses Phänomen ist einzigartig in der samoanischen Gesellschaft und drum will ich jetzt nochmal drauf zu sprechen kommen. Dank Urs gabs hier endlich bisschen Licht am Ende des Tunnels.

Bei den beschriebenen Männern handelt es sich um sogenannte Fa‘afafines. Das sind Männer, die schon als kleine Jungs wie Mädchen erzogen wurden. Üblicherweise wird eines der Buben einer Familie bestimmt – entweder der Jüngste oder einer, der ohnehin etwas weiblicher ist. Die Fa‘afafines haben dann die Aufgaben, sich um Haushalt und Familie zu kümmern. Genau so, wie es traditionell auch eine Tochter tun würde. Die Fa‘afafine hat jedoch einen ganz klaren Vorteil gegenüber einer Tochter: sie kann keine Kinder haben und bleibt somit der Familie als Haushaltshilfe erhalten.

Fa‘afafines sind in der samoanischen Gesellschaft ganz offiziell als drittes Geschlecht anerkannt. Und man sieht sie hier wirklich überall. Nicht selten sind es grosse massige Männer mit Blümchen im Haar und typischen weiblichen Verhaltensweisen. Für uns war der Gegensatz am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber eben: man gewöhnt sich auch da dran. Fa‘afafines dürfen übrigens auch Beziehungen haben: zu anderen Männern, Frauen oder Fa‘afafinen. Da ist man hier flexibel 🤣

Der Traum vom Südseeparadies

Wir wurden und werden immer wieder gefragt: warum ausgerechnet die Südsee? Warum so weit weg? Ganz einfach: genau darum. Weil sie so weit weg liegt. Wir hatten ein ganzes Jahr Zeit und da wollten wir so weit weg wie nur möglich. Und wenn man den am weitesten entfernten Punkt von der Schweiz aus sucht, dann landet man genau ungefähr in Polynesien.

Für alle die es interessiert: der von Ipsach am weitesten entfernt liegende Punkt, einmal um den Globus, liegt mitten in einem riesigen Meeresgebiet südöstlich der zu Neuseeland gehörenden Chatham Inseln. Und für ganz stark Interessierte: der dem eigenen Standort gegenüberliegende Punkt nennt sich Antipode, das wären die Koordinaten:

Ipsach: 47°06’59.0″N 7°13’58.0″E

Intipode: 47°06’59.0″S 172°46’2″W

Also, wenn ihr das nächste Mal wisssen wollt, wo ihr rauskommt, wenn ihr gaaanz laaang buddelt, ungefähr da isses:

Aber neben der absouten Entfernung zu Ipsach waren natürlich noch ganz viele andere Kriterien entscheidend. Vor allem eines: die Kindertauglichkeit. Für uns stand von Anfang an fest: den Kids muss es auch gefallen. Und den Kids gefällt es besonders gut am Meer.

Spass in den Wellen

Außerdem wollten wir nach Möglichkeit Gefahren von Ihnen abwenden. Länder mit hoher Kriminalität, einschränkenden Religionen, gefährlichen Tieren oder Krankheiten kamen nicht infrage, was – das muss ich an der Stelle leider so sagen – 95% aller Reisedestinationen ausschliesst.

Und da wir von der Südsee zu Beginn wirklich Null Ahnung hatten, kauften wir sämtliche Reiseführer auf, die der deutsch- und englischsprachige Markt zum Thema Südsee hergibt – ungefähr vier Bücher! Wir stellten dann schon vor der Reise fest, dass die Südsee eine schier unendliche Ansammlung an sehr verschiedenen Inseln, Kulturen und Reisemöglichkeiten bietet. Wir entschieden uns aus Gründen der Machbarkeit für die Inselstaaten Neukaledonien, Vanuatu, Fiji, Tonga, Samoa, Französisch Polynesien und die Cook Inseln.

Ein nicht zu unterschätzendes Kriterium bei der Wahl einer Reisedestination ist für mich auch immer die Bevölkerung vor Ort. Wie reagieren diese auf fremde Reisende und für uns natürlich ganz wichtig: wie kinderfreundlich sind sie? Was das anbelangt, gibt es wohl keinen besseren Ort zum Reisen als die Südsee. Die Einheimischen sind immer gut gelaunt und kinderfreundlich. Wir hatten nie Probleme mit ihnen. Sie sind ehrliche und zuverlässige Menschen. Das gipfelte in einer Begebenheit in Vanuatu, wo uns der Taxifahrer eine halbe Stunde vor der Fahrt angerufen hat und sich erkundigt hat, ob der Termin noch steht!

Auch Preise waren immer stabil und es wurde nicht im Nachhinein vesucht, den Preis zu verdoppeln oder noch eine Null dranzuhängen, wie uns das leider in Asien schon oft passiert ist.

Wir hatten auch nie Mühe mit Korruption. Einmal haben wir sogar im Immigration Office in Samoa eine Notiz hängen sehen, die es unter Androhung hoher Strafen vebot, dem Kassierer Geld oder sonstige Naturalien anzubieten. Wir hatten in allen von uns bereisten Ländern immer das Gefühl, dass hier alles gesittet zu und her geht.

Was hatten unsere Kinder davon?

Und unsere Kinder? Was haben sie in diesem Jahr erlebt? Was haben sie verpasst? Wir hoffen natürlich, dass sie in der Südsee mehr erlebt als daheim verpasst haben. Auf jeden Fall haben sie sehr viel gelernt. Sie wissen, wie Papaya, Brotfrucht, Stachelannone schmecken – weil sie sie selbst gegessen haben. Sie wissen wie man eine Kokosnuss öffnet – weil sie es selbst gemacht haben. Sie wissen was ein Tsunami ist – weil sie selbst einen gesehen haben. Sie wissen was ein Zyklon ist – weil sie selbst welche erlebt haben. Sie wissen wie ein aktiver Vulkan tönt – weil sie selbst auf einem gestanden sind. Sie wissen dass es schwierig ist, in ein Flugzeug einzusteigen, welches unter Wasser liegt – weil sie es selbst versucht haben. Und sie haben keine Lust mehr zu Schnorcheln – weil auch die schönsten Korallen irgendwann langweilig werden 😯

Aber sie haben daheim natürlich auch viel verpasst. Sie haben die Grosseltern ein Jahr lang nicht gesehen. Sie haben ihre Freunde und Kollegen ein Jahr lang nicht gesehen. Sie hatten keinen Klavier- und Gitarrenunterricht. Sie sind ein Jahr lang nicht Velo gefahren, geschweige denn auf Inlineskates oder Skiern gestanden. Es wird sich zeigen, inwieweit sich das alles aufholen lässt.

Haben wir das Paradies gefunden?

Nicht wirklich, aber Vanuatu war sehr nah dran. Dennoch ist die Südsee eine Traum-Destination. Es ist immer warm und überall gibt’s genug zur essen. Apropos essen: was das anbelangt gibt es keinen Grund, Europa zu verlassen. Vor allem die italienische Küche hat uns sehr gefehlt. Dank einiger ausgewanderter italienischer Gastronomen haben wir aber trotzdem ab und zu recht gut gegessen.

Die Schweiz ist und bleibt das schönste Land der Welt!

Also kommen wir heim. Und da stellt sich grad die nächste Frage: sind wir überhaupt parat für Europa?

Klar, sind wir! Guckt ihr hier:

Auf nach Europa!